Wie schnell darf auf deutschen Autobahnen, auf denen kein Tempolimit herrscht, eigentlich gerast werden und wann macht sich der Fahrer strafbar? Mit dieser Frage beschäftigte sich jüngst die Staatsanwaltschaft Stendal. Grund dafür war ein tschechischer Millionär, der mit satten 417 Kilometern pro Stunden über die Autobahn raste. Die Fahrt dokumentierte er mit einer Action-Cam und lud das Video auf YouTube hoch.
Die Staatsanwaltschaft Stendal (Sachsen-Anhalt) nahm die Ermittlungen auf, konnte jedoch keinen hinreichenden Tatverdacht feststellen, den es jedoch zur Erhebung einer Anklage vor Gericht im deutschen Strafprozessrecht brauch. Das Verfahren wurde offiziell eingestellt (Az. 108 Zs 806/22).
Im Raum stand die Verwirklichung des sog. verbotenen Einzelrennens, das in § 315d Abs. 1 StGB geregelt ist. Der Paragraf stellt das verkehrswidrige und rücksichtlose Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit unter Strafe, um so eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Aber: Erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen allein sind nicht von der Norm erfasst.
Mehr zu diesem vieldiskutierten Straftatbestand, über den zuletzt auch der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, finden Sie in einem vorangegangenen Beitrag auf unserem Blog.
Auf dem gefilmten Autobahnabschnitt ist die Geschwindigkeit nicht begrenzt, dennoch gilt der Grundsatz, dass nur so schnell gefahren werden darf, wie die Sicht- und Wetterverhältnisse sowie die persönlichen Fähigkeiten des Fahrzeugführers und Fahrzeugs dies zuließen.
Trotz der horrenden Geschwindigkeit fuhr der Geschäftsmann zur frühen Morgenstunde bei sehr guten Sicht- und Verkehrsverhältnissen. Weiter seien keine Anhaltspunkte für eine unsichere Fahrweise ersichtlich und das Fahrzeug – ein Bugatti Chiron mit 1500 PS – sei für Fahrten mit hohen Geschwindigkeiten geschaffen. Eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer sei laut der Staatsanwaltschaft daher nicht gegeben, dem Bugatti-Fahrer kann kein (strafrechtlicher) Vorwurf gemacht werden.
Im vorliegenden Fall wurde deutlich, dass der Fahrer sich durch die Wahl der Uhrzeit und der übrigen Umgebungsverhältnisse eben nicht rücksichtslos oder gleichgültig verhalten hatte.
Dennoch zeigt der Sachverhalt auch, dass das Rasen auf Autobahnen, auch wenn die Geschwindigkeit nicht begrenzt ist, zu Ermittlungen oder sogar zur Anklageerhebung führen kann und der Vorwurf des verbotenen Einzelrennens im Sinne des § 315s Abs. 1 StGB im Raum steht.
Im Ernstfall müssen sich nur einige wenige Variablen ändern und schon kann Ihnen als Fahrer verkehrswidriges und/oder rücksichtsloses Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit vorgehalten werden.
Wenn es hierzu kommt und gegen Sie ermittelt wird, sollten Sie schnellstmöglich juristischen Beistand aufsuchen und sich keinesfalls zu den Vorwürden äußern, bevor sich Ihr Anwalt nicht mit dem Sachverhalt auseinandersetzen konnte.
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