Ein höheres Bußgeld kann nicht allein aufgrund des Fahrzeugtyps ausgesprochen werden. Diese Entwarnung für alle SUV-Fahrer teilte das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Beschluss vom 29. September mit und verwarf so die Begründung der vorangegangenen Entscheidung des Amtsgerichts.
Das Amtsgericht Frankfurt entschied erstmalig am 03.06.2022 (Az. 974 OWi 533 Js-OWi 18474/22), dass ein Rotlichtverstoß eines SUV-Fahrers mit einem höheren Bußgeld – in diesem Fall 150 € über dem Regelsatz von 200 €– geahndet werden kann. Das AG begründete dieses Urteil mit der erhöhten Unfall- und Verletzungsgefahr, welches sich bei der Kollision mit einem SUV durch dessen typische Bauweise verwirklichen könnte.
Die Entscheidung des Amtsgerichts war noch nicht rechtskräftig; nun hat sich das Oberlandesgericht Frankfurt hierzu positioniert (Beschl. v. 29.09.2022, Az. 3 Ss-OWi 1048/22) und entschieden, dass der Rotlichtverstoß eines SUVs per se kein höheres Bußgeld rechtfertige – das vom AG ausgesprochene, erhöhte Bußgeld habe dennoch Bestand. Der Beschluss des OLG ist nicht anfechtbar.
„Sport Utility Vehicles“ ähneln in ihrer Bauweise Geländewagen und stellen eine größere Unsicherheit im Straßenverkehr da, so das OLG. Dies allein reiche jedoch nicht aus, um eine erhöhte Geldbuße zu rechtfertigen.
Im vorliegenden Fall seien es vielmehr die „gravierenden Vorbelastungen“ des Autofahrers, die das erhöhte Bußgeld nach Auffassung des OLG begründen und eben nicht die spezielle Bauweise des Fahrzeugs. Denn: Der Bußgeldkatalog bzw. die hierin bezifferten Beträge beziehen sich auf einen nicht vorgeahndeten Betroffenen, besondere Umstände des Einzelfalls treten daher zunächst zurück, um die gleichmäßige Behandlung sehr häufig vorkommenden, wesentlich gleich gelagerter Sachverhalte zu gewährleisten.
Daher sind Abweichungen von den Regelfällen dann möglich, wenn sich der in Frage kommende Einzelfall deutlich vom Normalfall unterschiedet.
Vorliegend ist der Fahrer des SUVs bereits vor einem guten Jahr durch einen Rotlichtverstoß aufgefallen.
Weiter gab das OLG Frankfurt an, dass die Benennung eines „diffusen Fahrzeugtyps“ nicht zur Begründung höherer Sanktionen genüge und dieser nicht trennscharf bestimmbar sei. Das Amtsgericht argumentierte in seiner Entscheidung auch mit der erhöhten Verletzungsgefahr von SUVs, die jedoch durch Untersuchungen widerlegt worden sei.
Halten wir fest: Ja, es kann von den Beträgen des Bußgeldkatalogs nach oben abgewichen werden, wenn die persönlichen Umstände des Einzelfalls hierzu Anlass geben; die Bauweise des Fahrzeugs und dessen abstrakt höhere Gefährlichkeit reichen hierzu jedoch nicht aus.
Der vorliegende Fall veranschaulicht gekonnt, wie sehr sich die Behandlung und Sanktionierung bestimmter Sachverhalte durch höhere Rechtsprechung ändern kann. Zwar änderte sich durch den Beschluss des OLG das „Ergebnis“ des vorliegenden Sachverhalts nicht - den Fahrer erwarten weiterhin die Zahlung des erhöhten Bußgelds und ein Monat Fahrverbot - dennoch unterscheidet sich die herangezogene Begründung erheblich von der erstinstanzlichen und schafft mehr (Rechts-) Sicherheit für Fahrer von SUVs oder ähnlich gebauten Fahrzeugen.
Auch macht die Entscheidung deutlich, dass zur Beurteilung des Sachverhalts die Umstände des Einzelfalls herangezogen werden müssen und keine Differenzierung nach dem Kfz allein erfolgen kann.
Wenn es um empfindliche (Geld-) Bußen oder die drohende Einschränkung der Mobilität geht, ist es daher immer ratsam, sich juristischen Beistand zu holen. Ein im Verkehrsrecht spezialisierter Anwalt kann Sie nicht nur umfassend zu den rechtlichen Bestimmungen aufklären, sondern Ihnen auch bezüglich des Gerichtsprozesses und der richtigen Verteidigungsstrategie beratend zur Seite stehen.