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Rechtsanwalt Laqmani
9. Juni 2025

Erfolgreiche Verfahrensrüge: Urteil im „Eiskeller“-Mordfall aufgehoben 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hebt das Urteil im sog. Eiskeller-Mordfall auf (Beschl. v. 01.04.2025, Az. 1 StR 434/24). Grund hierfür ist eine erfolgreiche Verfahrensrüge, die auf einem E-Mail-Austausch zwischen Vorsitzender Richterin und der Staatsanwaltschaft fußt, in den die Verteidigung allerdings nicht involviert war.

„Eiskeller“-Fall: Prozess um Tötung einer Medizinstudentin

Nach einem Besuch im Club „Eiskeller“ in Aschau im Chiemgau wurde eine Medizinstudentin auf ihrem Heimweg getötet und ihre Leiche in einen nahegelegenen Bach geworfen. Vergangenes Jahr verurteile das Landgericht (LG) Traunstein den 20-jährigen Angeklagten, einen flüchtigen Bekannten des späteren Opfers, zu einer neunjährigen Jugendstrafe. Er habe die junge Frau aus sexuellen Motiven angegriffen und umgebracht. Dieses Urteil wurde nun vom BGH gekippt.

Im Januar 2024, als die Beweisaufnahme schon weit fortgeschritten war, tauschte sich die vorsitzende Richterin mit dem Staatsanwalt per E-Mail über die rechtliche und tatsächliche Würdigung der im Rahmen der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse aus, u.a. über die Annahme des Tötungsvorsatzes. Hierbei ließen sie die Verteidigung, außen vor – erst Mitte Februar erlangten die Strafverteidiger über diesen Vorgang Kenntnis und das auch eher zufällig: Die Anwälte fanden die ausgedruckten E-Mails statt in der Hauptakte in einem Sonderband. Der BGH stellte später fest, dass der Austausch in einer Weise erfolgte, „die an sich der geheimen Kammerberatung vorzubehalten gewesen wäre (vgl. §§ 192 ff. GVG, § 260 Abs. 1 StPO)“.

Ablehnung wegen Befangenheit und Revision

Nachdem der Verteidigung der Mailaustausch bekannt wurde, lehnte sie die Vorsitzende wegen Befangenheit ab. Die Jugendkammer lehnte ihrerseits aber den zugrundeliegenden Antrag ab und der Prozess wurde unter Mitwirkung der Richterin zu Ende geführt und im März 2024 schließlich das Urteil gesprochen. Die daraufhin eingelegte Revision, in der auch die Ablehnung des Befangenheitsantrags gerügt wurde, hatte beim BGH Erfolg. Dieser äußerte: „Mit dem heimlichen Vorgehen konnte beim Angeklagten der Eindruck entstehen, dass die Vorsitzende sich nicht mehr unparteilich ihm gegenüber verhielt“.


Dass ein Urteil aufgrund einer Verfahrensrüge aufgehoben wird, ist im Übrigen selten. Die Erfolgsquote von Verfahrensrügen liegt konstant im einstelligen Bereich. 

Der BGH nahm in diesem Fall das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes an, denn der E-Mail-Austausch sei geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Vorsitzenden zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO). Daher hätte diese am Urteil nicht mitwirken dürfen. Grundsätzlich sei laut BGH eine Kontaktaufnahme „zwecks Förderung des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten auch außerhalb der Hauptverhandlung“ nicht verboten, gleichzeitig müsse die gebotene Zurückhaltung gewahrt werden, um jeden Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden. Im „Eiskeller“-Fall konnte mithin für einen „besonnen Angeklagten“ der Eindruck entstehen, die Vorsitzende habe sich heimlich an ihm vorbei ihre Überzeugung auch durch „Austausch von Argumenten allein mit der Staatsanwaltschaft bilden wollen und sich damit ihrer Neutralität begeben“, schloss der 1. Strafsenat ab.

Unaufgeforderte Stellungnahme und fehlende richterliche Distanz

„Verschlimmbessert“ wurde die Situation noch durch eine Stellungnahme der Vorsitzenden im Revisionsverfahren. Diese erfolgte nämlich unaufgefordert und noch vor Übersendung der Verfahrensakten zum Revisionsverfahren – was auch der Strafsenat mehrfach betonte und insgesamt klare Worte fand: Dieses Verhalten lasse „ebenfalls ein Fehlen der gebotenen richterlichen Distanz erkennen“. Im Beschluss folgte dieser Feststellung ein Einblick in den eigentlichen Ablauf eines Revisionsverfahrens nach den gesetzlichen Vorgaben sowie der Hinweis, dass es nicht die Aufgabe des Tatgerichts sei, „die Erfolgsaussichten einer Verfahrensrüge zu würdigen“. 

Der 1. Strafsenat hob das Urteil samt der Feststellungen auf und verwies den Fall an eine andere Jugendkammer, die ihn neu verhandelt. 

Strafverteidigung macht den Unterschied

Trotz der geringen Erfolgsquote hatte die Verfahrensrüge im besprochenen Fall Erfolg. Dies zeigt abermals, wie wichtig der konsequente und unnachgiebige Einsatz und die Aufgabe der Verteidigung ist.

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