Ibrahim A. wurde vom Landgericht Itzehoe wegen zweifachen Mordes und vierfachen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt; die besondere Schwere der Schuld wurde festgestellt.
Dies sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Am 25. Januar 2023 hat der Angeklagte in einem Regionalzug, der von Kiel auf dem Weg nach Hamburg war, mehrere Fahrgäste mit einem Messer angegriffen. Viele Menschen wurden verletzt, eine 17-Jährige und ihr 19-jähriger Freund kamen ums Leben. Es gelang einigen Passagieren, A. zu überwältigen und ihn in Brokstedt an die Polizei zu übergeben. Der Angeklagte kam als schutzsuchender Geflüchteter 2017 nach Deutschland, geriet jedoch seit seiner Ankunft mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt. Unmittelbar vor seiner Messerattacke wurde er aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen.
Eine zentrale Frage des Prozesses war die Schuldfähigkeit des Angeklagten. Nach den Verteidigern von Ibrahim A. sei diese nicht gegeben, sie forderten in ihrem Plädoyer den Freispruch sowie die Unterbringung in einer Psychiatrie. Zur Klärung der Frage wurde ein psychiatrischer Sachverständiger gehört, der zu dem Ergebnis kam, dass keine Einschränkungen der Schuldfähigkeit vorlägen und A. während der Tat hinreichend steuerungs- und einsichtsfähig war. A litt bereits vor seiner Zeit in Untersuchungshaft etwa ein Jahr vor der Tat an einer posttraumatischen Belastungsstörung (kurz PTBS), welche durch seine Erlebnisse in Palästina und die Flucht nach Deutschland ausgelöst wurden. Das Gericht bezweifelte dies auch nicht. Jedoch stellen die Folgen der traumatischen Erlebnisse eine seelische Störung, aber keine psychiatrische Erkrankung dar und hatte keinen Einfluss auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten. Das Vorliegen einer Psychose oder Schizophrenie wurde indes ausgeschlossen.
A sei über einen erfolglosen Termin bei der Ausländerbehörde frustriert gewesen, was wiederum zur vorgeworfenen Tat geführt habe. Das Messer hat er vorher aus einem Supermarkt entwendet. Der Angeklagte wählte seine Opfer willkürlich aus und zeigte auch während der Hauptverhandlung keine Reue. Er habe aus niedrigen Beweggründen und in fünf Fällen auch heimtückisch gehandelt, wodurch gleich zwei Mordmerkmale erfüllt wurden.
Am 15. Mai 204 verurteilte das Landgericht Itzehoe den zum Tatzeitpunkt 33-jährigen Angeklagten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und stellte außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. Dies bedeutet, dass eine frühzeitige Entlassung bereits nach 15 Jahren nicht möglich ist. Hiermit folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft und Nebenklage.
Unabhängig von der Schwere des Vorwurfs hat jeder Angeklagte das Recht auf eine adäquate Verteidigung – auch wenn dies oft Gegenstand von Kritik und Empörung ist. Dies ist ein fundamentaler Grundsatz des Rechtsstaatsprinzips in Deutschland. Der Strafverteidiger fungiert hierbei als wichtiges und unabhängiges Organ der Rechtspflege, dessen Aufgabe es ist, die Rechte seines Mandanten zu wahren und eine faire Verhandlung zu gewährleisten.