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Rechtsanwalt Laqmani
5. Februar 2024

Verabredung zur versuchten Anstiftung zum Mord: Auch möglich ohne Täter 

Im Raum stand die Strafbarkeit zweier Männer, die einen Dritten zur Tötung des Nachbarn eines Angeklagten anstiften wollten. Während sie zwar über die Grundzüge der Tat übereingekommen sind, fehlte es noch an einem Täter. Mit der Frage, ob dies für eine Verurteilung nach § 30 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) ausreicht, befasste sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 29. November 2023 (Az. 6 StR 179/23) und konkretisierte die Tatbestandsvoraussetzungen der in Frage stehenden Norm. 

Streit mit dem Nachbarn sollte zu dessen Tod führen

Um die durchaus komplexe Sachverhaltskonstellation etwas zu entwirren: Wenn sich jemand mit einem anderen verabredet, eine dritte Person – „den“ Täter – zu einem Verbrechen zu bestimmen oder hierzu anzustiften, machen sie sich grundsätzlich nach § 30 StGB strafbar. Der BGH stellte nun klar, dass eine Strafbarkeit auch dann besteht, wenn dieser Dritte, also der ausführende Täter, noch nicht gefunden bzw. festgelegt wurde.

Vorliegend verabredeten sich die später angeklagten L. und H., einen Dritten zu einem Mord anzustiften. Der Dritte, der erst noch gefunden werden musste, sollte gegen eine Zahlung von 10.000 Euro den Nachbarn des L. umbringen. Mit diesem gab es immer wieder Zerwürfnisse, zahllose Streitigkeiten und jede Menge Strafanzeigen, weshalb L. sich dieses Problems endgültig entledigen wollte, indem er den Nachbarn entweder töten lassen wollte oder zumindest so schwer verletzen, dass er als Pflegefall kein selbstbestimmtes Leben mehr führen könnte und daher gezwungen sei, wegzuziehen. 

Dem L. fehlten allerdings die Kontakte ins einschlägige Milieu, weshalb er den zweiten Angeklagten H. kontaktierte, welcher durchaus über „hilfreiche“ Ansprechpartner verfügte. Sie vereinbarten gemeinsam auf die Suche nach einem passenden Täter zu gehen. Laut Gericht machte sich H. hier das Tötungsvorhaben zu eigen. Auch ein Zeitrahmen für die geplante Tötung des Nachbarn stand fest: Möglichst vor Weihnachten des Jahres 2021. H. vermittelte daraufhin drei Personen, die es jedoch am Ende nicht wurden. Auch erhielt er den Hinweis, dass die Polizei bereits Kenntnis von der geplanten Tat erlangt hatte, weshalb das Vorhaben zunächst abgesagt wurde. 

Kassierter Freispruch: Angeklagte haben konkretes Verbrechen verabredet

Das LG Magdeburg verneinte eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung zu einem Verbrechen und sprach die beiden Angeklagten frei. Diese hätten sich nur nach der grundsätzlichen Tatbereitschaft der Personen, die von ihnen angesprochen wurden, versichert. Es fehlte jedoch an der nötigen Konkretisierung. Dies sei wenigstens dann der Fall, wenn die Anstiftungshandlung hinreichend konkretisiert wurde: Eine lediglich allgemeine Verabredung der Angeklagten, eine beliebige Person für die gewollte Tötung des Nachbarn zu finden, reichte jedoch nicht aus und sei lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung. Auch fehle es laut dem LG an der Verbindlichkeit der Abrede zwischen L. und H. Das Gericht befand, dass die Übereinkunft nicht auf eine zwingende gemeinsame Umsetzung gerichtet gewesen sei. 

Die Staatsanwaltschaft ging in Revision und der BGH beschäftigte sich mit dem Fall. Dieser positionierte sich entgegen der vorinstanzlichen Rechtsauffassung und bejaht die Strafbarkeit der Angeklagten nach § 30 Abs. 2 StGB. Eine Verabredung zur Anstiftung setzte nur eine vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, einen Dritten zur Begehung eines bestimmten Verbrechens gemeinschaftlich anzustiften. Das Konkretisieren von Einzelheiten sei hierfür nicht nötig, nur die wesentlichen Grundzüge müssten festgelegt sein. 

Der BGH ging sogar so weit, dass die Zeit, der Ort und andere Modalitäten der Ausführung noch unklar bleiben können, solange das Vorhaben nicht gänzlich vage ist. L. und H. hätten daher ein sog. konkret-individualisierbares Geschehen durchaus ernstlich verabredet. Schließlich standen das Tatopfer und eine mögliche Begehungsweise, ein Zeitraum und ein Tatmotiv fest. Der Tatsache, dass es an einem konkreten Täter mangelte, ließ der BGH hier keine große Bedeutung zukommen. Die Gefährlichkeit der Angeklagten für die bedrohten Rechtsgüter begründe sich bereits in der Willensbindung, da bereits die wechselseitige Bindung den Anstiftungsversuch und die Begehung der Haupttat – also der Tötung bzw. schweren Körperverletzung – wahrscheinlicher macht. Der Fall wurde an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.

Der Strafprozess: Wenn der Ausgang unklar ist

Hinter vielen auf den Blick eindeutigen Sachverhalten verstecken sich komplexe, rechtliche Fragestellungen, die von mehreren Juristen verschieden bewertet werden, bis der Bundesgerichtshof sich hierzu positioniert. Und auch die Rechtsprechung des obersten deutschen Gerichts änderte sich im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mal wieder. Diese Tatsache kann einem Angeklagten zugutekommen, der zunächst verurteilt und dann freigesprochen wird – aber auch das Gegenteil kann eintreten, wie im vorliegenden Fall. Umso wichtiger ist die richtige Beratung und Unterstützung durch einen Strafverteidiger von Beginn an, also bestenfalls ab der ersten Kenntniserlangung über Ermittlungen gegen die eigene Person.

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