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Rechtsanwalt Laqmani
9. Oktober 2023

Verbrechen gegen die Menschlichkeit: IS-Rückkehrerin Jennifer W. zu langjähriger Haftstrafe verurteilt

Jennifer W. wurde vorgeworfen, vor nunmehr acht Jahren ein jesidisches Mädchen sterben lassen zu haben. Das Oberlandesgericht München verurteilte die IS-Rückkehrerin diesen August wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu 14 Jahren Haft.

Das war geschehen

2015 lebte Jennifer W. als Ehefrau eines IS-Mitglieds im Irak. Das Ehepaar versklavte eine Frau und ihr fünfjähriges Kind, beide Jesidinnen, welche vom IS verschleppt und verkauft worden waren. 
An einem Sommertag kettete Jennifer W´s nunmehr Ex-Mann das Mädchen in der sengenden Mittagssonne im Hof an, wohl als Bestrafung dafür, dass sich das Kind zuvor in die Hose gemacht hatte. Im Prozess gegen den damaligen Ehemann von Jennifer W. gingen Sachverständige von Temperaturen bis zu 50 Grad Celsius in der Sonne aus. 

Die Fünfjährige war wehr- und hilflos der Hitze ausgesetzt, mit beiden Armen über dem Kopf hängend gefesselt und starb schließlich.
Jennifer W. sei nicht eingeschritten, da sie befürchtete, von ihrem Mann angeschrien oder geschubst zu werden. Das Gericht stellte jedoch fest, dass ihr das Eingreifen in die Situation – und hierdurch womöglich die Rettung des Mädchens – durchaus zumutbar gewesen wäre. 

Die menschenfeindlichen Ziele des IS seien Jennifer W. bekannt gewesen als sie sich der Vereinigung anschloss. Nach ihrer Ausreise in den Irak lernte sie in einem Frauenhaus des IS ihren Mann kennen und patrouillierte zwischen September 2014 und Anfang 2016 als „Sittenpolizistin“, achtete also darauf, ob andere Frauen die Verhaltens- und Kleidervorschriften des IS einhielten. Selbst nach ihrer Festnahme in Ankara wollte die damals 27-Jährige erneut in das Herrschaftsgebiet des IS zurückkehren.  

Jennifer W. entschuldigte sich für ihre Tat, welche ihren Ursprung in ihrer religiösen Orientierung oder vielmehr ihrem Fanatismus hatte: Jennifer W. war der Ansicht, der einzig richtige Islam sei der konservative, den der IS predige. Andere Religionen, Glaubensarten des Islam oder Weltansichten haben keinen Platz in der Terrororganisation. 

Jennifer W´s damaliger Ehemann Taha Al-J. ist bereits am 30. November 2021 vom Oberlandesgericht Frankfurt zu einer lebenslangen Haftstrafe u.a. wegen Völkermordes verurteilt worden. Hierbei handelt es sich um das weltweit erste Urteil wegen IS-Verbrechen an Jesiden. 

Kein minder schwerer Fall

Bereits im Oktober 2021 wurde Jennifer W. vom OLG München u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Beihilfe zum versuchten Mord sowie versuchten Kriegsverbrechen und wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt. Hiergegen wandte sich die Bundesanwaltschaft erfolgreich mit einer Revision an den Bundesgerichtshof (BGH) und forderte eine Zurückverweisung. Anschließend entschied das Oberlandesgericht erneut und erhöhte das Strafmaß um vier Jahre. Grund hierfür war insbesondere das Absehen vom vorher angenommenen minder schweren Fall. In seinem Plädoyer betonte der Vertreter der Bundesanwaltschaft die nicht nur rein passive Rolle der Jennifer W.: Sie habe die Sklaverei proaktiv ausgestaltet und die Frau sowie deren Tochter überwacht. 

Exkurs: Wann ist die Bundesanwaltschaft zuständig?

Im besprochene Fall war keine „normale“ Staatsanwaltschaft Anklägerin, sondern die Bundesanwaltschaft. Sie ist die oberste Strafverfolgungs- und Vollstreckungsbehörde und für schwerwiegende Straftaten, insbesondere im Bereich Staatsschutz, internationale Kriminalität oder Terrorismus zuständig. Die wichtigsten Aufgaben und Zuständigkeiten sind in § 142a GVG (Gerichtsverfassungsordnung) geregelt.

Was sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit?

Der internationalen Verpflichtung zur Verfolgung von Völkerstraftaten kommt Deutschland durch die Anwendung des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) nach. Hierin werden auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit genannt:

Nach § 7 Abs. 1 VStGB sind dies solche Einzeltaten, die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung begangen werden. Die Einzeltat weitet sich von ihrer innerstaatlichen Ebene also auf eine internationale Dimension aus, wenn der normspezifische Begehungszusammenhang vorliegt. Hierunter fällt beispielsweise auch das Betreiben von Menschenhandel oder das Töten eines Menschen.

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