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Rechtsanwalt Laqmani
15. Mai 2024

Versuchter Mord: BGH-Entscheidung zur Freiwilligkeit des Rücktritts

Im Strafrecht wird im Zusammengang mit dem Rücktritt oftmals von einer „goldene Brücke“ als Rückweg in die Straflosigkeit gesprochen. Eine wichtige Voraussetzung des Rücktritts ist jedoch die Freiwilligkeit, die bei der Bewertung des vorliegenden Falls eine zentrale Rolle spielte.   

Versuchter Mord: Angeklagter geriet nach Tat in Panik

Der angeklagte Handwerker sollte die Fenster in der Wohnung der späteren Geschädigten einbauen. Er entschloss sich an diesem Tag - seinem 28. Geburtstag - spontan, die ein Jahr jüngere Kundin zu töten. Der Angeklagte habe nekrophile Neigungen und wollte das Opfer nach dessen Tod missbrauchen. Sachverständige attestieren ihm eine verminderte Intelligenz und Vorliebe für „Pornographie mit Gewaltbezug sowie mit nekrophilen Inhalten“. 

Er ließ sie vorausgehen und schlug dann insgesamt zwölf Mal mit einem Hammer auf die Frau ein, welche sich keines Angriffs bewusst war. Doch die durch die Schläge aufgetretene Erektion legte sich angesichts des – für ihn – unerwartet massiven Verletzungsbildes und er ließ von der Frau ab. Der Angeklagte wusch sich daraufhin die Hände sowie das Tatwerkzeug.

 Ihm wurde klar, dass er die Tat nicht werde verdecken können; ein Kollege, der anfangs bei dem Termin anwesend war und während der Tat Werkzeuge aus dem Tischlerbetrieb holte, würde bald wiederkommen. 

Über die Aussichtslosigkeit der Lage verzweifelt fasste der Angeklagte den Plan, den Tatverdacht von sich abzulenken. Er wollte vortäuschen, einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt zu haben und nun zu verfolgen. Er entsorgte den Hammer in einem Gebüsch und rief laut nach dem „Täter“. Eine Passantin, die der Angeklagte aufgefordert hatte, Hilfe zu holen, setzte den Notruf ab und das schwerverletzte Opfer konnte überleben. Der Sachverhalt wurde vom Angeklagten nicht bestritten. 

Das Landgericht Würzburg verneinte einen strafbefreienden Rücktritt vom versuchten Mord, hierzu fehle es an der Freiwilligkeit. Es verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und ordnete die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB an. Die Mordmerkmale der Heimtücke, der Absicht zur Ermöglichung einer anderen Straftat sowie zur Befriedigung des Geschlechtstriebs sah das Gericht als gegeben an. Hiergegen wendete sich der Angeklagte mit einer Revision an den Bundesgerichtshof (BGH). 

BGH: Keine Freiwilligkeit bei Panik

Der 6. Senat des Bundesgerichtshofs bestätigte die Entscheidung des Landgerichts in seinem Urteil vom 10. Januar (Az. 6 StR 324/23). Mit Blick auf die Freiwilligkeit als subjektives Element des Rücktritts gelten bei einem beendeten Versuch die gleichen Maßstäbe wie bei einem ubeendeten Versuch. 

Die Unterscheidung, ob es ein Versuch im strafrechtlichen Sinne beendet ist oder nicht, wird insbesondere hinsichtlich der objektiven Voraussetzungen an den strafbefreienden Rücktritt wichtig.  

Ein unbeendeter Versuch liegt vor, wenn der Täter davon ausgeht, dass der tatbestandliche Erfolg (bei Mord eben der Tod des Opfers) ohne weiteres Zutun nicht eintritt. Der Täter denkt also, nach der letzten Ausführungshandlung noch nicht alles Erforderliche zur Erfolgsbeiführung getan zu haben, hält dies aber im unmittelbaren Fortgang noch für möglich. Er kann dann strafbefreiend nach § 24 Abs. 1 Alt. 1 StGB (Strafgesetzbuch) zurücktreten, wenn er von weiteren Handlungen absieht. 

Strengere Anforderungen an den Rücktritt besteht dann, wenn der Versuch beendet ist. Dann geht der Täter davon aus, eine Ursachenkette in Gang gesetzt zu haben, die zum Erfolgseintritt führen wird. Der Rücktritt ist nur möglich, wenn er durch aktives Entgegensteuern die Vollendung der Tat verhindern kann (vgl. § 24 Abs. 1 Alt. 2). 

Um so einen beendeten Versuch handelte es sich vorliegend: Der angeklagte Tischler ging davon aus, dass die zwölf ausgeführten Schläge auf den Schädel der Geschädigten auch zu ihrem Tod führen werden. Um hier zurückzutreten, musste er demnach aktiv handeln – etwa durch Rettungsmaßnahmen.

Wann ist ein Rücktritt freiwillig?

Problematisch war vorliegend vor allem die Freiwilligkeit als subjektives Element des Rücktritts, deren Vorliegen der Bundesgerichtshof verneint hat. 

Der Täter muss aus freien Stücken den Entschluss fassen, die Tat aufzugeben. Die Maßstäbe sind hier grundsätzlich dieselben wie beim unbeendeten Versuch. Um freiwillig zurücktreten zu können, muss der Täter Herr seiner Entschlüsse sein und auf der Grundlage einer willensgesteuerten Entscheidung die Vollendung der Tat verhindert, so der 6. Strafsenat. Dies sei ausnahmsweise dann zu verneinen, „wenn gerade die seelische Erschütterung des Täters ein zwingender Grund für die Verhinderung des Erfolgseintritts“ gewesen sei. 

Zwar sprach der Angeklagte wie geschildert zwei Passantinnen an, jedoch nur erzwungenermaßen aufgrund seiner überwältigenden Zukunftsangst. Der BGH stellte fest, dass der Handwerker durch die große, panische Angst vor den Konsequenzen seiner Tat und den großen inneren Druck, der sich zuvor aufgebaut hatte, nicht mehr in der Lage war, selbstbestimmt zu handeln. Dies stellt keinen freiwilligen Rücktritt dar.

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